28.04.2020 Obdachlosen Menschen fehlt der Zugang zu Möglichkeiten, um sich vor COVID-19 zu schützen. Waschgelegenheiten und saubere Toiletten sind für sie kaum erreichbar. Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege fordern deshalb seit geraumer Zeit die Kommunen dringend auf, zusätzliche Räumlichkeiten zur Notunterbringung und zusätzliche Mittel für die Versorgung mit Essen, Kleidung und Hygieneartikel zur Verfügung zu stellen. Dafür aber brauchen Kommunen und Dienste finanzielle Spielräume vom Land. Die Verbände der Wohlfahrtspflege wollen dabei unterstützen, Wohnungslose und Obdachlose mit dem Notwendigsten zu versorgen. „Wohnungslose Menschen sind eine besonders gefährdete Gruppe. Sie können in Krisenzeiten ihren Alltag schwer gestalten, deshalb müssen wir sie besonders unterstützen“, fordert Ursel Wolfgramm, Vorsitzende der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg.
Die Forderungen der Liga zeigen mittlerweile Wirkung bei der Landespolitik. „Wir freuen uns, dass wir nun mit dem Ministerium für Soziales und Integration eine Vereinbarung über 250.000 Euro treffen konnten, die direkt den Einrichtungen und Diensten der Wohnungslosenhilfe zukommen“ verkündet Wolfgramm. „Damit wird die ohnehin wichtige und in Krisenzeiten noch wichtiger gewordene Arbeit der Wohlfahrt gestärkt.“ Zusätzlich verkündet das Land weitere 500.000 Euro für Kommunen und Stadt- und Landkreise zur Verfügung zu stellen, um geeignete Räumlichkeiten zu finden, die eine Notübernachtung sicherstellen.
Für obdachlose Menschen bleibt jedoch nach wie vor viel zu tun in Baden-Württemberg. Wohnungslose fallen überwiegend aus der sozialen Sicherung und Versorgung. Besonders schwierig ist die Situation in manchen kommunalen Unterkünften, weil dafür keine rechtsverbindlichen Mindeststandards definiert sind. „Wir haben auf der Ebene der Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege Empfehlungen formuliert, die die Standards in ordnungsrechtlichen Unterbringungen klar definieren“, berichtet Gabriele Kraft, Sprecherin des Liga-Unterausschusses Wohnungslosen- und Straffälligenhilfe. Allerdings werde an manchen Orten diskutiert, ob Bett, Tisch und Stuhl zu einer „einfachen, zweckmäßigen und menschenwürdigen Unterkunft“ gehören und so die auf Landesebene geeinten Empfehlungen nicht beachtet.
Zusätzlich wird das Problem der Wohnungslosigkeit dadurch verschärft, dass Ersatzfreiheits-strafen ausgesetzt werden. „So richtig und sinnvoll das ist, um die Gefängnisse zu entlassen, so muss mit der Entlassung die Wohnraumfrage geklärt wird. Andernfalls werden diese Menschen in die Wohnungslosigkeit entlassen. Wir fordern den Strafvollzug und die Kommunen dazu auf, geeignete Unterbringungsformen vor der Entlassung zur Verfügung zu stellen“, so Wolfgramm.