Stellungnahmen liga-bw
02 Aug

Die Liga der freien Wohlfahrtspflege nimmt Stellung zum Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes (SodEG-AG).

Der Ausbruch der Corona-Pandemie hat viele Bereiche der Sozialwirtschaft stark getroffen – unter anderem steht der gesamte Leistungsbereich für Menschen mit Behinderungen vor massiven Einschränkungen und Herausforderungen. Dies führte und führt weiterhin zu veränderten bzw. eingeschränkten Leistungsangeboten, Mehrbedarfen und Mindereinnahmen.

Anders als für die Pflegeeinrichtungen wurde beispielsweise für den Eingliederungshilfebereich kein besonderer Schutzschirm geschaffen, sondern lediglich das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) verabschiedet. Seit Beginn der Corona-Krise suchen die Leistungserbringer und die Leistungsträger – unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen – nach gemeinsamen Lösungen, um die schwierige finanzielle Situation im Bereich der Eingliederungshilfe abzusichern. Zum einen muss es den Leistungserbringern möglich sein, trotz Corona ihre Arbeit für die Menschen mit Behinderung weiterhin aufrecht zu erhalten. Zum anderen müssen langfristige Schäden in der sozialen Daseinsvorsorge in Baden-Württemberg verhindert werden.

Um dies zu erreichen, waren und sind folgende Voraussetzungen notwendig:

  1. Um Leistungsabbrüche oder sogar Betriebseinstellungen zu verhindern, benötigen die Leistungserbringer eine Weiterfinanzierung der vereinbarten Vergütung wie vor der Corona-Krise in voller Höhe (100%) und in allen Bereichen. Jede Reduzierung der bisherigen Vergütung bedroht die Leistungsfähigkeit.
  2. Durch die zwingend erforderlichen hygienischen Anforderungen entstanden den Einrichtungen bisher und entstehen weiterhin zusätzliche Sachaufwendungen, die in den Vergütungen nicht berücksichtigt sind. Diese Mehrkosten müssen aber refinanziert werden.
  3. Aufgrund der Einschränkungen im Betrieb der Werkstätten und der Angebote der Tagesstruktur mussten die Leistungserbringer für die Menschen mit Behinderung in den besonderen Wohnformen kurzfristig dezentrale Angebote der Notbetreuung schaffen. Immer, wenn Corona-bedingt dieser Mehraufwand trotz Ausschöpfens aller freiwerdenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht gedeckt werden kann, sind seither notwendige zusätzliche Personalkosten entstanden und entstehen weiterhin. Auch diese Mehrkosten müssen refinanziert werden.

Das vorgelegte Ausführungsgesetz zum SodEG regelt lediglich die Zuständigkeiten. Der Bundesgesetzgeber hat den Ländern die Möglichkeit an die Hand gegeben, den SodEG-Zuschuss auf 100% zu erhöhen, um eine echte Existenzsicherung der Sozialdienstleister zu erreichen. Ggf. noch stattfindende Erlöse und Erstattungen werden ohnehin auf den Zuschuss angerechnet, so dass eine Besserstellung praktisch nicht möglich ist. Mit einer solchen Regelung würde auch eine Gleichbehandlung mit den Pflegeeinrichtungen erreicht werden.

Eine Aufstockung der Mittel ist beispielsweise in Hessen vorgesehen und wurde dort auch im Ausführungsgesetz zum Sozialdienstleister-Einsatzgesetz verankert.

Wir erachten eine Aufstockung der SodEG-Mittel auf 100 % mit einer entsprechenden Regelung im SodEG-AG als tragfähige Lösung sowohl für die Menschen mit Behinderung als auch für alle anderen besonders stark betroffenen Bereiche in der Sozialwirtschaft.

Wir möchten auch darauf hinweisen, dass die Regelungen des SodEG strukturell die Vollschließung von Einrichtungen gegenüber derer Teilschließung begünstigen, da die Entschädigungsleistung nur auf die Mindererträge abzielt und dabei den Aufwand der Einrichtungen nicht berücksichtigt. Das SodEG kann aufgrund seiner 75%-Deckelung keinen positiven Effekt bei Teilbetriebsfortführung entfalten, da die Zuschüsse mit den Einnahmen verrechnet werden, die Einnahmen aber nicht hoch genug sind, um die Ineffizienzen einer nur teilweisen und im Grunde unwirtschaftlichen Betriebsöffnung abzudecken. Durch eine Aufstockung der Entschädigungszahlungen nach SodEG auf 100 % würde dieser strukturelle Nachteil gemindert.