Stellungnahmen liga-bw
02 Jul

Die Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg begrüßt das geplante Gesetz zur Einführung eines inklusiven Wahlrechts vorbehaltlos. Dass nun auch Menschen mit einer umfassenden rechtlichen Betreuung wählen dürfen, ist ein weiterer Schritt hin zu einer uneingeschränkten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am öffentlichen und politischen Leben, wie sie die UN-Behindertenrechtskonvention fordert.
Der bisherige wahlrechtliche Ausschluss von ca. 83.000 volljährigen Bürger*innen war durch das Vorliegen einer rechtlichen Betreuung in allen Angelegenheiten begründet. Die Erfahrung mit betroffenen Menschen in unseren Einrichtungen der Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie zeigt, dass dieses Kriterium hinsichtlich der Entscheidungsfähigkeit einer Person bei Wahlen keine Aussagekraft besitzt. Insofern ist es aus unserer Sicht nicht mehr begründbar, Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe von vorne herein vom Wahlrecht auszuschließen. Eine entsprechende Wahlrechtsänderung war nicht nur vor dem Hintergrund der UN-BRK und dem entsprechenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts überfällig.

Da die Liga der freien Wohlfahrtspflege Inklusion nicht nur im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderung sieht, bitten wir um die Einbeziehung der Menschen mit einer entsprechenden Erkrankung, wie wir sie zum Beispiel in Pflegeheimen finden, in das Landtagswahlgesetz, die Landeswahlordnung und das Kommunalwahlgesetz wie folgt:

§ 8b Abs. 4 Satz 1 Landtagswahlgesetz:
„Ein Wahlberechtigter, der des Lesens unkundig oder wegen einer Behinderung oder schwerer Krankheit an der Abgabe seiner Stimme gehindert ist, kann sich hierzu der Hilfe einer anderen Person bedienen.“

§ 35 Abs. 1 Satz 1 Landeswahlordnung:
„Ein Wähler, der des Lesens unkundig ist oder der wegen einer Behinderung oder schwerer Krankheit gehindert ist, den Stimmzettel zu kennzeichnen, zu falten oder selbst in die Wahlurne zu werfen, bestimmt eine andere Person, deren Hilfe er sich bei der Stimmabgabe bedienen will, und gibt dies dem Wahlvorstand bekannt.“

§ 19 Abs. 1 Satz 3 Kommunalwahlgesetz:
„Wahlberechtigte, die des Lesens unkundig oder wegen einer Behinderung oder schwerer Krankheit an der Abgabe ihrer Stimme gehindert sind, können sich hierzu der Hilfe einer anderen Person bedienen.“