28 Apr

Rund 27 Prozent der wohnungslosen Menschen in Baden-Würt­temberg, die Unterstützung in den Diensten und Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege bekommen, sind weiblich. Mit der jetzt erschienenen, komplett überarbeiteten Neuauflage der Broschüre „Hilfen für wohnungslose Frauen in Baden-Württemberg“ gibt die Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg praxisnahe Hinweise zur Ausgestaltung geschlechtersensibler Hilfsangebote. Fachkräfte in den Einrichtungen und Diensten der Wohnungslosenhilfe können davon ebenso profitieren wie Leistungsträger:innen und Verantwortliche in der Sozial- und Wohnungspolitik.

Frauen unternehmen viele Anstrengungen, um nicht als wohnungslos identifiziert und etikettiert zu werden, weshalb von einer hohen Dunkelziffer an Betroffenen auszugehen ist. Sie bemühen sich, im öffentlichen Raum wenig aufzufallen und eine Übernachtung im Freien zu vermeiden. Deswegen gehen sie oftmals Zweckpartnerschaften ein, aus denen gewaltgeprägte Abhängigkeitsverhältnisse mit männlichen Wohnungsinhabern entstehen können. „Umso wichtiger ist es, dass es spezielle Angebote für Frauen gibt, die ihnen Schutz und professionelle Unterstützung bieten, damit sie den Weg zurück in ein Leben mit eigener Wohnung finden können“, betont Dr. Annette Holuscha-Uhlenbrock, Vorstandsvorsitzende der Liga-BW.

Die Broschüre „Hilfen für wohnungslose Frauen in Baden-Württemberg. Grundsätze – Anforderungen – Standards“ ist eine Hilfestellung für Praxis, Leistungsträger und Politik. Sie soll diese in ihrer Verantwortung für die Konzeptionierung und Umsetzung geschlechtssensibler Angebote sowie einer frauengerechten Sozial- und Wohnungspolitik bestärken.

„Es braucht ein flächendeckendes, eigenständiges Hilfeangebot für Frauen in einem Wohnungsnotfall. Angebote, die dem Bedarf wohnungsloser Frauen gerecht werden, müssen sich an festgelegten Standards orientieren und auch personell bedarfsgerecht ausgestattet sein“, fordert Julia Schlembach, Sprecherin der Unterarbeitsgruppe Wohnungslose Frauen in der Liga-BW. Dies gelte insbesondere für Angebote in gemischtgeschlechtlichen Einrichtungen, in denen aktuell etwa zwei Drittel der Betroffenen unterstützt werden.

Für ein geschlechtersensibles Hilfesystem formuliert die Liga-Veröffentlichung neben personellen Anforderungen auch Fragen von Schutz und Autonomie, von Netzwerkarbeit und Dokumentation, sowie der Grundhaltung in der Arbeit. „In einer frauengerechten Sozial- und Wohnungspolitik geht es u. a. darum, im Sinne der Istanbul-Konvention konsequent gegen Benachteiligung, Diskriminierung und Gewalt vorzugehen und einen Rechtsanspruch auf frauenspezifische Hilfen zu schaffen“ resümiert Schlembach.

Die elf Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege sind die größten Anbieter von Diensten und Leistungen der Sozialen Arbeit in Baden-Württemberg. In enger Kooperation treten sie als Liga-BW für die Interessen hilfsbedürftiger und sozial benachteiligter Menschen auf allen Ebenen ein. Gegründet am 22. September 1952 ist die Liga-BW 2022 bereits seit 70 Jahren politisch aktiv. In Vertretung von über 290.000 Beschäftigten in rund 6.000 Einrichtungen und Diensten in Baden-Württemberg sowie ihrer Klient:innen wird die Liga auch in Zukunft, stets aktuell und zielgerichtet, wichtiges Sprachrohr in allen Feldern der Sozialen Arbeit sein.

Kontakt: Dr. Mareike Bröcheler, Referentin für Grundsatzfragen, Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg e.V., Stauffenbergstraße 3, 70173 Stuttgart, Tel.: 0711/61967-12, Mail: broecheler@liga-bw.de