Dienste und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung bleiben auf ihren Ausgaben sitzen
30 Sep

30.09.2020 Wohnheime und Werkstätten für Menschen mit Behinderung arbeiten seit Beginn der Coronakrise unter Ausnahmebedingungen. Wegen der Einschränkungen der vergangenen Monate konnten Menschen mit Behinderung nicht wie gewohnt zur Arbeit in die Werkstatt gehen, sondern wurden in ihren Wohneinrichtungen weiter betreut. In vielen Wohnheimen waren und sind ganze Gruppen unter Quarantäne. Betretungsverbote und Ausgangssperren haben über viele Wochen die sozialen Kontakte zu Freunden, Angehörigen und Familien massiv erschwert. In dieser Zeit waren die Mitarbeitenden der Einrichtungen diejenigen, die an der Seite der Menschen mit Behinderung durch diese schwere Zeit gegangen sind.

Die Dienste und Einrichtungen haben mit hohem finanziellen Aufwand die vergangenen Monate bewältigt. Es wurden zusätzliche Quarantänegruppen eingerichtet und mit Mitarbeitenden ausgestattet. Schutzausrüstung musste, angeschafft werden – teilweise zu weit überteuerten Preisen. Gebäude und Räume wurden durch aufwändige Um- und Einbauten so umgestaltet, dass ein risikoarmer Betrieb möglich ist.

Die Vorstandsvorsitzende der Liga der freien Wohlfahrtspflege Ursel Wolfgramm führt dazu aus: „Heute und in den nächsten Tagen wird im Landtag über den Nachtragshaushalt 2020 verhandelt. Wir sehen derzeit keine Signale von der Landesregierung, sich an den zusätzlichen und ungeplanten Kosten zu beteiligen. Wir haben große Sorgen, dass die Dienste und Einrichtungen der Behindertenhilfe auf diesen Kosten sitzen bleiben. Das schwächt die Anbieter ausgerechnet in einer Zeit, wo sie auch die Umstellung auf das Bundesteilhabegesetz verkraften müssen.“

Lösungsansätze gibt es, leider jedoch nicht für die Behindertenhilfe: Im Vergleich werden in Krankenhäusern und Pflegeheimen Corona-bedingte Mehrausgaben erstattet.

Dabei waren und sind die Arbeitsumstände in der Behindertenhilfe alarmierend. Distanz halten ist bei intensiver Betreuung kaum möglich. Mitarbeitende fielen teilweise aus, beispielsweise durch häusliche Quarantäne, weil sie zu den Risikogruppen gehörten. Die verbleibenden Mitarbeitenden haben in diesen Wochen alles dafür getan, dass Menschen mit Behinderung mit dieser Situation gut zurechtgekommen sind. Eine finanzielle Anerkennung der besonderen Corona-bedingten Belastungen (Corona-Prämie) haben dagegen bisher nur die Mitarbeitenden von Pflegeeinrichtungen bekommen.

„Wir appellieren nachdrücklich an die Landesregierung im Nachtragshaushalt Mittel einzuplanen, die den Kommunen eine Kostenerstattung der Mehraufwendungen ermöglichen. Die behinderten Menschen in Baden-Württemberg dürfen nicht im Stich gelassen werden“ betont Wolfgramm.

In der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg e.V. sind die elf Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege Baden-Württembergs zusammengeschlossen. Landesweit gehören ihnen über 320.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ca. 300.000 ehrenamtlich Tätige an. In den Liga-Ausschüssen arbeiten jeweils die Expertinnen und Experten der Verbände an aktuellen Aufgabenfeldern wie z.B. der Altenhilfe, der Kinder- und Jugendhilfe, der Behindertenhilfe, der Dienste für Migranten,
psychisch Kranke und Suchtkranke.

PRESSEKONTAKT
Ursel Wolfgramm
Vorstandsvorsitzende

Foto: @aumatellgemma via Twenty20