Stuttgart, 25. April 2024
Der Fachkräftemangel in der Heilerziehungspflege bedroht zunehmend eine angemessene Begleitung und Unterstützung von Menschen mit Behinderung. Diese besorgniserregende Entwicklung thematisiert jetzt ein breites Bündnis von Wohlfahrtsverbänden, Vertreter:innen der Heilerziehungspflege sowie Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige. Am heutigen, bundesweiten Aktionstag der Heilerziehungspflege fordern sie von der Landespolitik das Berufsbild zu stärken und mit einer eigenen Kampagne zu mehr Bekanntheit und damit neuen Fachkräften zu verhelfen.
„Immer häufiger können individuelle Assistenzleistungen wie ein Kinobesuch, ein Spaziergang oder die Begleitung zum Sport nicht in der notwendigen und vereinbarten Form erbracht werden – das ist inzwischen traurige Realität in der Eingliederungshilfe“, erläutert Beatrix Vogt-Wuchter, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Liga-BW. Der Grund: Es fehlen Fachkräfte der Heilerziehungspflege (HEP). Als Expert:innen für Teilhabe, Bildung und Pflege begleiten sie Menschen mit Unterstützungsbedarf jeden Alters bei deren Selbstbestimmung in verschiedenen Lebensbereichen, sei es im Alltag, in der Bildung oder bei der Arbeit.
Inklusion und Teilhabe sind Menschenrechte. „Der Grundsatz der UN-Behindertenrechtskonvention lautet ‚Nichts ohne uns über uns‘. Heilerziehungspfleger:innen stehen dafür ein, dass genau dies gelingt!“, so Vogt-Wuchter weiter. Der schon jetzt spürbare Mangel an Heilerziehungspflegekräften lässt die Ziele einer inklusiven Gesellschaft in weite Ferne rücken. Nur mit ausreichend Personal in der Heilerziehungspflege kann dieser Transformationsprozess mitgestaltet und begleitet werden.
Deshalb setzen sich am heutigen bundesweiten Aktionstag „Viele Menschen, viele Möglichkeiten“ Fachleute, Betroffene und Unterstützer:innen für eine gelingende Inklusion und eine Stärkung des Berufsbildes der Heilerziehungspflege ein.
In Baden-Württemberg hat sich ein landesweites Aktionsbündnis gebildet, welches mit einem Positionspapier das Land auffordert, sich für den Beruf der Heilerziehungspflege stark zu machen. „Wir fordern u.a. eine Schulgeldfreiheit für alle HEP-Auszubildenden vereinfachte Zugangsmöglichkeiten von Zugewanderten Ausbildungsinteressierten und eine Unterstützung der Fachschulen bei der hier erforderlichen Integrationsarbeit.“, erklärt Martin Herrlich, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Ausbildungsstätten für Heilerziehungspflege in Baden-Württemberg (LAG-HEP). Außerdem benötige der Beruf mehr politische und öffentliche Aufmerksamkeit. „Die Heilerziehungspflege taucht bisher nirgendwo auf – wir brauchen dringend eine landesweite Kampagne für diesen wichtigen Beruf!“, so Herrlich weiter.
Das Positionspapier wird bereits von über 100 Einrichtungen, Schulen, Trägern oder Interessenvertretungen unterstützt. Träger des baden-württembergischen Aktionsbündnisses sind die Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg, die Landesarbeitsgemeinschaft der Fachschulen für Heilerziehungspflege, der Berufsverband HEP sowie die diakonischen Fachverbände und Einrichtungen der Eingliederungshilfe formiert. Das Positionspapier findet sich im Anhang.
Die elf Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege sind die größten Anbieter von Diensten und Leistungen der Sozialen Arbeit in Baden-Württemberg. In enger Kooperation treten sie als Liga-BW für die Interessen hilfsbedürftiger und sozial benachteiligter Menschen auf allen Ebenen ein. Gegründet am 22. September 1952 ist die Liga-BW 2022 bereits seit über 70 Jahren politisch aktiv. In Vertretung von über 390.000 Beschäftigten in rund 10.000 Einrichtungen und Diensten in Baden-Württemberg sowie ihrer Klient:innen wird die Liga auch in Zukunft, stets aktuell und zielgerichtet, wichtiges Sprachrohr in allen Feldern der Sozialen Arbeit sein.
Kontakt:
Dr. Mareike Bröcheler, Referentin für Grundsatzfragen und Öffentlichkeitsarbeit, Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg e.V., Stauffenbergstraße 3, 70173 Stuttgart, Tel.: 0711/61967-12, Mobil: 0170/7023730, Mail: broecheler@liga-bw.de
Bilder: Mareike Bröcheler, Michael Tränkle