
Die aktuelle Stichtagserhebung der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg zeigt eine dramatische Zunahme der Wohnungslosigkeit und sozialen Notlagen im Land. Am 27. September 2024 wurden 13.394 Menschen in Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe betreut – ein erneuter Höchststand und ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren. Besonders alarmierend ist die steigende Zahl von Menschen in prekären Wohnsituationen oder ohne jede Unterkunft.
„Die Zahlen verdeutlichen, dass Wohnungslosigkeit längst ein flächendeckendes Problem in Baden-Württemberg ist, welches Städte und ländlichen Raum gleichermaßen betrifft. Wohnungsnot ist kein Randproblem mehr, sondern eine akute soziale Krise, die bis in die Mitte der Gesellschaft reicht“, betont Dr. Marco Lang, Vorstand der Liga-BW. Wohnungslosigkeit dürfe daher nicht als gegeben hingenommen werden.
Angesichts der bevorstehenden Bundestags- und der Landtagswahl 2026 fordert die Liga-BW von der Politik klare Weichenstellungen zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans zur Überwindung der Obdach- und Wohnungslosigkeit – auch in Baden-Württemberg: „Unsere Ergebnisse zeigen in diesem Jahr erneut, dass entschlossenes Handeln notwendig ist.“, warnt der Liga-Vorstand. „Wir brauchen nicht nur eine nachhaltige und wirksame Strategie, um Wohnungslosigkeit zu überwinden, sondern müssen endlich in ein umfassendes Tun kommen“, so Lang weiter.
Die Lebensbedingungen der Menschen in Wohnungsnot werden zunehmend prekär. Fast jede dritte beratene oder betreute Person befindet sich in einer besonders unsicheren oder gefährdenden Wohnsituation etwa in Notunterkünften, bei Bekannten oder in Obdachlosigkeit. „Wer seine Wohnung verliert, hat kaum eine Chance mehr, eine neue zu finden.“, so Simon Näckel, Sprecher der Liga-BW für die Wohnungsnotfall- und Straffälligenhilfe. Daher müsse ein besonderer Fokus auf den Ausbau und die Stärkung präventiver Angebote zur Wohnungssicherung gelegt werden.
Gegen Wohnungslosigkeit helfen nur Wohnungen
Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt bleibt der zentrale Treiber von Wohnungsnotlagen. Besonders für armutsbetroffene und wohnungslose Menschen gibt es kaum bezahlbare Wohnungen. „Gegen Wohnungslosigkeit helfen nur Wohnungen“, erklärt Simon Näckel, Sprecher der Liga-BW für die Wohnungsnotfall- und Straffälligenhilfe. Die Wohlfahrtsverbände fordern daher eine gezielte Bauförderung zum Ausbau, Erhalt und zur Sicherung der Sozialwohnungen sowie Wohnungskontingente für Menschen in Wohnungslosigkeit. Bei Bedarf sind diese zusätzlich durch entsprechende Hilfen zu unterstützen. „Die Wohnungsnotfallhilfe ist der letzte Anker für Menschen, die durch alle anderen sozialen Netze gefallen sind“, so Näckel weiter.
Soziale Sicherung am Limit: Träger am Rande der Belastbarkeit
Die stetig steigende Zahl an Menschen in der Wohnungsnotfallhilfe setzen die sozialen Hilfesysteme jedoch massiv unter Druck. Besonders niedrigschwellige Angebote wie Fachberatungsstellen und Tagesstätten sind stark belastet. Die Zahl der Hilfesuchenden in diesen Einrichtungen stieg allein in diesem Jahr um 8,5 Prozent auf über 8.700 Personen. Gleichzeitig werden auch die sozialen Schwierigkeiten und Problemlagen der Betroffenen – in sozialer, psychischer, suchtspezifischer oder gesundheitlicher Hinsicht – umfassender und komplexer. „Die Arbeit in den niedrigschwelligen Angeboten wird zunehmend anspruchsvoller“, erläutert Lang. Gleichzeitig fehlen aber gerade für diese, wie auch für präventive Angebote langfristige und auskömmliche Finanzierungsansätze. „Ohne einen verlässlichen Rahmen droht das soziale Netz der Wohnungsnotfallhilfe zu reißen. Das müssen wir alle gemeinsam unbedingt verhindern, warnt der Liga-Vorstand abschließend.
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