Aktuelles liga-bw
18 Nov

Die Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg bedauert, dass sich das Land bei der Abstimmung zum Bürgergeld im Bundesrat enthalten hat. Jetzt sei die Landesregierung gefragt, sich im Vermittlungsausschuss konstruktiv einzubringen und das Reformvorhaben nicht scheitern zu lassen.

„Wir nehmen Ministerin Hoffmeister-Kraut beim Wort und erwarten eine sachorientierte Debatte. Dies bedeutet, die guten Ansätze des Bürgergeldes frei von parteipolitischem Interesse zu würdigen“, erklärt Liga-Vorsitzende Dr. Annette Holuscha-Uhlenbrock. Mit dem Schritt ins Bürgergeld verbessere sich die Lage der Betroffenen im Vergleich zum bisherigen Hartz-IV-System enorm. In der politischen Diskussion sei eine Kultur des Misstrauens gegenüber langzeitarbeitslosen Menschen befördert worden. „Ängste vor vermeintlichem Sozialbetrug sind nicht angebracht“, so Holuscha-Uhlenbrock. „Die Realität in den Jobcentern ist eine andere.“ Die Erfahrung der Liga-Verbände sei, dass die Betroffenen ihre Arbeitslosigkeit hinter sich lassen wollten.

Das Bürgergeld verbessere die Perspektiven insbesondere für Langzeitarbeitslose, weil es konsequent auf Weiterbildung, Qualifikation und nachhaltige Integration in Arbeit setze. Außerdem würden die Regelsätze erhöht, was längst überfällig sei und die Liga-Verbände seit langem anmahnen. „Mit dem Bürgergeld wurden an vielen Stellen die richtigen Schlüsse aus den Problemen des Hartz-IV-Systems gezogen“, so Holuscha-Uhlenbrock. Das bisherige Hartz-IV-System zielt darauf ab, die Menschen kurzfristig in Arbeit zu vermitteln. Dabei stehe die Vermittlung in Arbeit an erster Stelle, es gehe weniger um Qualifizierung. „Häufig landen die Menschen in einfachen Aushilfsjobs, die nicht auf Dauer angelegt sind. Diese Praxis führt dann zu einem Drehtür-Effekt“, so Holuscha-Uhlenbrock, und dies trage letztlich sogar zu einer Verfestigung der Arbeitslosigkeit bei. „Die Ressourcen der Menschen und ihre Entwicklungsmöglichkeiten müssen stärker in den Blick genommen werden. Das kann nur gemeinsam und im Dialog mit den arbeitslosen Menschen geschehen“, so Holuscha-Uhlenbrock. Daher müssten die Jobcenter auf Augenhöhe beraten. Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels sei ein Umdenken notwendig. „Die Jobcenter müssen eine Kultur entwickeln, in der sie langzeitarbeitslose Menschen gezielt fördern.“ 

Mit Unverständnis reagiert die Liga-BW auf die Debatte, dass Sanktionierungen beim Bürgergeld nicht mehr möglich sein sollen. „Diese Behauptung ist schlichtweg falsch. In den ersten sechs Monaten des Leistungsbezugs sowie darüber hinaus werden auch künftig Sanktionen möglich sein“, so Holuscha-Uhlenbrock. Das Bürgergeld stärke aber die Möglichkeit, dass Berater:innen und Klient:innen ins Gespräch kommen und so Sanktionen abwenden können. „Das begrüßen die Verbände der Liga-BW ausdrücklich“, so Holuscha-Uhlenbrock. Das Bürgergeld setze diesbezüglich die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts um. „Wie müssen mit allen Mitteln verhindern, dass Sanktionen ausgesprochen werden, denn diese entziehen den Betroffenen ihre Lebensgrundlage.“